März 2019

Reflektion

800 x 950 mm
Siebdruck auf Bütten Gerd Winner, München / Liebenburg, ca. 1984
Privatbesitz

Dieser Siebdruck Gerd Winners aus den frühen 1980er Jahren bringt drei Bildebenen zur Ansicht. Zugrunde liegen reale Reflektionen auf einem Fenster des Münchener Gasteigs. Diese Arbeitsphase im Werk Gerd Winners steht am Übergang seiner Londoner Arbeiten, die in Zusammenarbeit mit dem Drucker Chris Prater in dem Portfolio der St. Katharines Docks gipfelte, und der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Metropolen London, New York und Tokyo, die schon in die 1970er Jahre zurückreicht.

Die Druckgraphik ist ein Ausdruck der Suche Gerd Winners nach den passenden Ausdrucksmitteln für seine Suche nach der verlorenen und den Ausblicken auf die ideale Stadt. Winner weist immer wieder darauf hin, wie sehr sein künstlerischer Antrieb durch den Verlust seiner Heimatstadt Braunschweig im Bombenkrieg motiviert war.

Auf der literarischen Ebene entdeckte Winner analoge Projektionsebenen bei Dickens, Ionesco und Thomas Beckets Endspiel mit seinen Szenen einer surrealen Stadtlandschaft. „Das Eisenfenster mit den Gitterstrukturen bildete eine Vielzahl von eigenen Kompositionen in der Reflektion der Außenwelt mit dem Einblick in die kubistisch anmutenden Schablonen der Spenglerwerkstatt. Drei Bildebenen bildeten den Zusammenklang. (Die) Außenwelt in der Spiegelung der Fensterscheiben, die Bildebene der Fensterkreuze und die Durchsichten in den Innenraum.“

„Die Reibung mit der Wirklichkeit birgt die Sinnfrage nach der transitorischen Existenz. Fragestellungen setzen den nachhaltigen ‚zweiten Blick‘ voraus. Nicht die formalen, technischen Voraussetzungen mit den mehrschichtigen Möglichkeiten führten mich zu den Ansichten von zwei Augenblicken ausgehend (Doppel- und Mehrfachbelichtung). Durch die Erscheinungen der Außenwelt hindurch stellte ich mir Fragen nach der ‚surrealen‘ Wirklichkeit. Die Dinglichkeit der Stadt stellte sich in den Weg.“

Winner in zwei bisher unveröffentlichten Manuskripten vom Januar 2019